Großer Erfolg für den Artenschutz

Köln - 23. August 2024                                                                            Kölner Zoo


Großer Erfolg für den Artenschutz:

Naturbrut bei den vom Aussterben bedrohten Philippinenkrokodilen im Kölner Zoo



 Foto: A. Rauhaus

 

 In der Terrarien-Abteilung des Kölner Zoos ist erneut die Vermehrung von Philippinenkrokodilen gelungen. Die Art ist vom Aussterben bedroht. Ende Dezember 2023 ließen die Tierpflegerinnen das ansonsten separat gehaltene Kölner Philippinenkrokodil-Pärchen „Pinoy“ und „Mindo“ zur Paarung zusammen. Philippinenkrokodile sind außerhalb der Paarungszeit einzelgängerisch und eher unverträglich, daher die ansonsten getrennte Haltung.

Das Video der Ende des vergangenen Jahres „händchenhaltenden“ Krokodile in Paarungsstimmung erzielte damals großes Interesse in den Sozialen Medien https://www.instagram.com/p/C080neAMlnJ/.

 

Nach Nestbauphase und intensiver Nestpflege durch das Weibchen kam es am 19. April 2024 zur Eiablage. Nicht alle abgelegten Eier entwickelten sich. Am 8. Juli fand der erste Schlupf statt. Am 29. Juli schlüpfte das dritte und letzte Jungtier.

Das erste Jungtier aus der aktuellen Naturbrut stieß zum Schlupf mit seiner Schnauze, auf der sich zu diesem Zeitpunkt ein sogenannter Eizahn zum Durchstoßen der Eierschale befindet, durch das Ei. Das Weibchen half anschließend den Jungen aus dem Nisthügel bzw. trug sie mitsamt Eierschalen in das Wasser, um ihnen dort aus dem Ei zu helfen. Experten nennen dies den „Maultransport“. Dies wurde für diese Art bisher noch nicht in freier Wildbahn dokumentiert und zeigt auch, welch wichtige Forschungsarbeit in Zoos geleistet werden kann. Schon mehrere Examensarbeiten Kölner Studierender hatten das Sozialverhalten der hier gepflegten Philippinenkrokodile zum Thema und haben mitgeholfen, es nach und nach zu entschlüsseln. So hat man in Köln z.B. auch herausgefunden, dass Mutter und Junge mindestens zwei Jahre friedlich zusammenleben können. Derzeit sind die drei Jungen mitsamt Mutter „Mindo“ für die Gäste im Nistbereich der Krokodilanlage zusammen zu sehen, wo sie gemeinsam mit der bewachenden und beschützenden Mutter aufwachsen können.


 Foto: A. Rauhaus


Alles für den Arterhalt: Tiere sollen später rückgeführt werden

Dies ist die insgesamt dritte gelungene Naturbrut im Kölner Zoo. Der Nachwuchs aus beiden Vorgänger-Naturbruten ist jeweils auf die Philippinen zurückgeführt worden. Auch die aktuell aufgezogenen Jungtiere sollen später einmal zurück auf die Philippinen gebracht werden, so die Pläne der philippinischen Behörden und von Vicente P. Mercado und Rainier Manalo von Crocodylus porosus Philippines Inc (CPPI), einer philippinischen NGO, die sich für den Krokodilschutz auf den Philippinen einsetzt und mit der der Kölner Zoo eng kooperiert. Es ist beabsichtigt, die Jungen etwa im Alter von 1,5 bis zwei Jahren zurückzusenden, um letztlich die lokalen Populationen weiter aufzustocken.

 

Da sie wie die bereits zuvor vom Zoo rückgeführten Jungtiere aus einer Naturbrut entstammen – d.h., dass ihre Eier im mütterlichen Gehege schlüpfen, und die Schlüpflinge nach dem Schlupf von der Mutter ins Wasser getragen werden können, – sind sie bestens für eine Auswilderung geeignet. Denn der Nachwuchs konnte gemeinsam mit der Mutter und fürsorglich beschützt von dieser aufwachsen. Solch eine natürliche Sozialisierung ist Grundvoraussetzung für ein späteres Auswildern.

 

Solch eine Auswilderung braucht ihre Zeit. Nach dem Rückflug müssen die Krokodile zunächst in die Quarantäne, dann in eine sogenannte Halbfreianlage, wo sie sich an natürliche Bedingungen anpassen. Danach können sie zurück in die Natur, wobei sie auch dann noch nicht aus den Augen gelassen werden, denn im Rahmen von Monitoring-Programmen – durchgeführt von unseren Partnern auf den Philippinen – werden sie weiter beobachtet, ob es ihnen gut geht. Mit Mitteln der durch die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) initiierten „Zootier des Jahres Kampagne“ aus dem Jahr 2021 wurde eine Station am Rande des Naturschutzgebiets „Siargao Islands Protected Landscape and Seascape (SIPLAS)“ errichtet, wo die zurückgeführten Kölner Jungen zum Jahresende aus ihrer bisherigen, weiter entfernten Halbfreianlage umziehen. Von dort können sie später direkt in das Schutzgebiet entlassen werden. Zu diesem Umzug Ende des Jahres wird auch der Kölner Aquariums-Kurator Prof. Dr. Thomas Ziegler, der auch Koordinator des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für das Philippinenkrokodil ist, auf die Philippinen fliegen.

 

Weltnaturschutzunion unterstützt Zoo-Artenschutz-Strategie

„Dies alles zeigt, wie von Zoos koordinierte Erhaltungszuchtprojekte aktiv zu in situ-Schutzmaßnahmen, also direkt vor Ort, im Heimatland, beitragen oder, wie in diesem Fall, überhaupt erst möglich machen“, so Prof. Dr. Thomas Ziegler, der auch Mitglied der Crocodile Specialist Group der Weltnaturschutzunion IUCN ist. Prof. Theo B. Pagel, Kölner Zoodirektor, fasst zusammen: „Das ist ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den ,One Plan Approach’ von Zoos. Er wird von der IUCN unterstützt und zielt darauf ab, für den Artenschutz verstärkt integrative Strategien zu entwickeln, die das Zusammenwirken von in situ (vor Ort) und ex situ Maßnahmen (also Erhaltungszucht in und durch Zoos) und Expertengruppen fördern.“

 

Status „Höchst bedroht“: Nur noch rund 100 Exemplare leben in der Wildnis

Das Philippinenkrokodil (Crocodylus mindorensis) ist eine mittelgroße Krokodilart, die es nur auf den Philippinen gibt. Mit nur noch etwa 100 Tieren in freier Wildbahn zählt es zu den seltensten Krokodilen der Welt. Deswegen wird die Art in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „vom Aussterben bedroht“ geführt. Sie hat den höchsten Schutzstatus (Anhang I) auf dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Aufgrund dieser besorgniserregenden Lage in der Natur und um die Art nicht zu verlieren, hat die IUCN Crocodile Specialist Group (CSG) schon vor Jahren ex situ Maßnahmen empfohlen, d. h. den Aufbau von Erhaltungszuchten in Zoos. Internationale Erhaltungszuchtprogramme, geregelt durch Verträge mit der Philippinischen Regierung, wurden zunächst in den USA und Australien aufgebaut, später auch in Europa. Das Erhaltungszuchtprogramm (ESB) in Europa wurde im April 2012 von der Europäischen Vereinigung der Zoos und Aquarien (EAZA) ins Leben gerufen. Koordiniert wird das europäische Programm vom Kölner Zoo. 

 

Ziel war der Aufbau einer Reservepopulation in Europa. Dazu wurden 2006 15 junge Philippinenkrokodile aus dem Palawan Wildlife Rescue & Conservation Center (PWRCC) nach Europa eingeflogen. Sie sind eine Leihgabe des Department of Environment and Natural Resources (DENR) der Philippinischen Regierung. Kurz darauf gelang im Kölner Zoo im Juli 2013 die Erstzucht des Philippinenkrokodils für Europa – ein Meilenstein. Es folgten weitere Nachzuchterfolge im tschechischen Krokodil-Zoo Protivin, im englischen ZSL London Zoo und im dänischen Krokodile Zoo. So wuchs die Anzahl an Philippinenkrokodilen in Europa stetig an, sodass es jetzt insgesamt über 50 Tiere sind, verteilt auf mittlerweile doppelt so viele Institutionen wie zu Beginn des Erhaltungszuchtprogramms.

 

Genetisch reinerbig

Da Kreuzungen zwischen Philippinenkrokodilen und ebenfalls auf den Philippinen vorkommenden Leistenkrokodilen aus philippinischen Farmen und Haltungen bekannt wurden und diese Arthybriden äußerlich nicht von reinerbigen Tieren zu unterscheiden waren, war von da an klar, dass Wiederauswilderungen auf den Philippinen nicht mit lokalen Beständen funktionieren. So musste der mühsam eingeführte europäische Zoobestand genetisch untersucht werden, da reinerbige Tiere eine Grundvoraussetzung für von wissenschaftlich geführten Zoos durchgeführte Erhaltungszuchtprogramme sind, insbesondere mit dem Ziel der späteren Wiederauswilderung. Die Kölner und darüber hinaus auch alle anderen im ESB geführten Philippinenkrokodile stellten sich im Rahmen der umfassenden genetischen Untersuchungen nachfolgend glücklicherweise als reinerbig heraus, so dass sie bestens zur Wiederauswilderung auf den Philippinen geeignet sind..


(c) Zoo Köln / Ch. Schütt